Die Schramberger Hauptverwerfung - Ein offenes Buch der Erdgeschichte 26.08.2016

 

NaturFreunde zeigen bei ihrer Exkursion die bedeutende Geologie der Fünftälerstadt

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Kai Petri am Aufschluss der "Schramberger Hauptverwerfung" im Lauterbachtal, wo die mit hellem Spaltlehm gefüllte Verwerfungsspalte zwischen dem oben liegenden Granit und dem nach unten abgerutschten Rotliegenden freigelegt ist. Foto: Carsten Kohlmann

 
 
Wer sich für die Geschichte der Erde interessiert, muss von Schramberg aus nicht die große Welt bereisen, sondern kann vor Ort ein seltenes geologisches Panorama erleben, das eine Spitzensehenswürdigkeit des Schwarzwaldes darstellt.
 
Eine Exkursion der Naturfreunde hat darauf einmal mehr aufmerksam gemacht. Am Ausgangspunkt des geologisch-ökologischen Pfades unterhalb des Gewerbeparks Junghans konnte Kai Petri von den Naturfreunden eine größere Gruppe begrüßen, in der sich Einheimische und Auswärtige zusammengefunden hatten, die in einer etwa dreistündigen Exkursion unter seiner engagierten Leitung den Schlossberg als offenes Buch der Erdgeschichte kennen lernen konnten.

Als hochrangiges "Flora-Fauna-Habitat-Gebiet" ist der Schlossberg mit seiner vor allem an der Südflanke im Schwarzwald einzigartigen Vegetation mit teilweise mediterranen Zügen ohnehin einen Besuch wert.

Der bereits 1999 von einer Projektgruppe unter der Leitung des Geologen Rainer Glawion von der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau erarbeitete Lehrpfad kann mit seinen 14 Bild-Text-Tafeln zwar auch selbst erkundet werden, die Exkursion der Naturfreunde machte jedoch deutlich, dass solche Führungen in Zukunft regelmäßig angeboten werden sollten, um Schramberg als "Marke" auch auf diesem Gebiet wieder neu profilieren zu können.

Die Weiterentwicklung zu einem "Geopark" könnte für die Stadt und ihren markanten Hausberg eine interessante Zukunftsperspektive sein, da in Schramberg alle Gesteine des Schwarzwalds an einem Ort zu finden sind – ein Alleinstellungsmerkmal! Von Geologen und Mineralogen wird seit langem zudem eine museale Präsentation des Themas vermisst.

Für die Geologie ihrer Heimatstadt machen sich die Schramberger Naturfreunde schon lange stark. Der Naturfreund August Braun (1901 bis 1977) war der Lehrmeister zahlreicher Geologen aus Forscher- und Sammlerkreisen, zu dessen frühen Schülern auch German Müller (1930 bis 2007) gehörte, der das Institut für Sedimentforschung an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg innehatte. Um den geologisch-ökologischen Pfad kümmerten sich lange Heinrich Petri (1940 bis 2009), der Vater von Kai Petri, und Wegwart Hans-Peter King. In Kooperation mit der Stadtverwaltung wird der Lehrpfad bis heute von den Naturfreunden betreut.

 

Schramberg auf der "Geologischen Spezialkarte von Württemberg" aus dem Jahr 1908 (ergänzt 1978). Links der Schiltach (Berneck) der Granit (rosa) mit Porphyrgängen (purpur), im Talkessel das Rotliegende (hellbraun) und um den Talkessel der Buntsandstein (dunkelbraun und gelbbraun). Foto: Stadtarchiv Schramberg

Das reichhaltigste Gebiet

"Ein großes und bedeutsames Stück Erdgeschichte steht in den Bergen dieser Gegend geschrieben", schreibt Manfred Bräuhäuser (1881 bis 1967) in den "Erläuterungen der geologischen Spezialkarte von Württemberg" zum "Blatt Schramberg", das im Jahr 1909 das erste Mal erschienen ist. Die Beschreibung des späteren Lehrstuhlinhabers für Mineralogie an der Technischen Hochschule Stuttgart und Leiters der Geologischen Landesaufnahme in Württemberg ist bis heute das Standardwerk zur örtlichen Geologie geblieben. Die erste größere Darstellung hatte 1872 der katholische Geistliche, Naturwissenschaftler und Kartenhistoriker Konrad Miller (1844 bis 1933) vorgelegt, der Schramberg und seine Geologie als Pfarrvikar kennen gelernt hatte.

Wie ein großer Stern

Schramberg ist reich an geologischen Besonderheiten unterschiedlicher Art, wenn man nur an die etwa insgesamt unterschiedlichen 24 Gesteine denkt, die hier auf einem überschaubaren Raum zu finden sind, die Schramberg deshalb auch den Ruhm einbrachten, das "geologisch reichhaltigste Gebiet Württembergs" zu sein. Berühmt wurde Schramberg indes hauptsächlich durch eine zweimalige Verwerfung, der die Fünftälerstadt ihr einzigartiges Landschaftsbild zu verdanken hat. Vom Schlossberg aus gesehen – noch besser zeigen es Luftbilder – ist Schramberg wie ein großer Stern am Rand des mittleren Schwarzwaldes in die Landschaft eingebettet.

In seltener Mächtigkeit

Entlang einer von Süd-Süd-Ost nach Nord-Nord-West verlaufenden Schwächezone sank eine östliche Scholle in die Tiefe und blieb dadurch von der andernorts erfolgenden Erosion verschont, so dass Schramberg einer der wenigen Orte ist, in denen das noch aus dem Erdaltertum stammende Rotliegende als Überrest des Variszischen Gebirges wie zum Beispiel am Schlossbergsockel in seltener Mächtigkeit zu sehen ist. Das Rotliegende gehört deshalb auch – aus geologischer Sicht – zu den örtlichen Wahrzeichen. Durch die Verwerfung entstand in Schramberg das geologische Paradox, dass sich ein älteres Gestein (Granit) über einem jüngeren Gestein (Rotliegendes) befindet.

1910 wurde die Verwerfung am Schlossberg zum ersten Mal anlässlich der Jahrestagung des bis heute bestehenden Oberrheinischen Geologischen Vereins 1871 in einem als "Aufschluss" bezeichneten Fenster in die Erdgeschichte sichtbar gemacht. 1933 wurde der Aufschluss zunächst durch den aus Schramberg stammenden und später in Albstadt wohnenden Lehrer Alfred Ilg (1905 bis 1983) und 1951 durch den örtlichen Schwarzwaldverein erneuert. Entlang des geologisch-ökologischen Pfades öffnen sich heute an der Geißhalde und etwas weiter oberhalb zwei solcher Fenster in die Erdgeschichte.

Gymnasialprofessor und Stadtarchivar Werner Bopp (1901 bis 1908) widmete diesem großen Naturdenkmal der Fünftälerstadt Schramberg auch ein Gedicht: "Der Geologe kommt herbei, legt die Verwerfungslinie frei, lässt Schichten neben Schichten sehen, die sonst übereinander stehen, spricht überzeugend von der Rolle der mittleren Buntsandsteinscholle, die hundertfünfzig Meter tief abstürzte am Granitmassiv und so den Boden hat bereitet, dass das Fünftälernetz sich breitet. Vier Bäche kommen hergeschäumt, das Tal wird weiter ausgeräumt. Talauf Granit, talab Granit, Rotliegend Weiches in der Mitt. So hat Natur mit Vorbedacht für Menschenwohnung Raum gemacht."

Geologische Karte von Baden-Württemberg und die Erläuterungen von Manfred Brauhäuser

Das Blatt 7716 Schramberg der Geologischen Karte von Baden-Württemberg (4. Auflage 1978) kann man beim Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau unter www.lgrb.uni-freiburg.de bestellen. Die Erläuterungen von Manfred Bräuhäuser zur "Geologischen Spezialkarte von Württemberg" aus dem Jahr 1909 (2. Auflage 1933) kann man auf www.zvab.de erwerben. Die Karte und die Erläuterungen können außerdem im Stadtarchiv Schramberg eingesehen werden.

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